Ein Wiedersehen bei den Guten Nachbarn oder wo ist hier die versteckte Kamera?
Heute erzählen wir eine Geschichte, die uns zeigt, wie klein eigentlich unsere Stadt ist; wie Menschen sich begegnen und wie gut sich unser kleines Projekt in der Stadt herumgesprochen hat.
Im Oktober zeigt sich der Herbst von seiner schönsten Seite. Für viele Senioren und Seniorinnen bedeutet dies aber, dass sie nun immer weniger allein vor die Tür gehen, vor allem wegen des wechselhaften Wetters. Deshalb besinnen sich gerade in dieser Jahreszeit viele ältere Persönlichkeiten auf ihr Bedürfnis nach Zuwendung. Sie wünschen sich gemeinsame Spaziergänge aber auch Gesellschaft für die Zeit drinnen.
So auch eine ältere Dame, die erst neu hier in Weimar lebt. Sie wohnt nun in der Nähe der Familie, ist aber eben fremd in unserer schönen Stadt. Sie meldete sich bei uns und fragte nach netter Gesellschaft vor allem für kulturelle Veranstaltungen, aber auch für gemeinsame Parkspaziergänge. Von uns erfahren hatte sie durch eine Mitteilung in der Tageszeitung. Bei einem netten Besuch in ihren vier (neuen) Wänden in Parknähe führten wir ein angeregtes Gespräch über die kulturellen Möglichkeiten und Veranstaltungen, die unsere Gegend so zu bieten hat. Doch so ganz allein und auf dem Rollator angewiesen ist die Teilnahme doch um ein vielfaches schwieriger.
Am selben Tag und zurück in der Beratungsstelle in der Teichgasse begrüßte ich eine Ehrenamtliche, die ebenfalls vom Wunsch beseelt war, ihre Zeit mit jemandem zu schenken, der Freude an gemeinsamen Museumsbesuchen hätte. Das Gefühl, für jemanden da zu sein, der Hilfe braucht, kam ihr auch auf beruflichem Wege: durch ihre Wäscherei im Herzen Weimars ist sie viel in den Haushalten der Menschen unterwegs, um dort zum Beispiel frisch gewaschene Gardinen wieder aufzuhängen. Sie schätzt diese Begegnungen sehr, weil sie dadurch nicht nur helfen kann, sondern auch kurze Einblicke in das Leben anderer erhält.
So hatte sie vor kurzem eine alte Dame in jener geschäftlichen Mission besucht und mit ihr ein kurzes, sehr emotionales Gespräch gehabt, welches ihr gezeigte, wie wichtig die Gegenseitigkeit doch ist. So gerne würde sie diese eine Dame Wiedersehen und sie unterstützen… nie würde es ihr den Sinn kommen, jene Seniorin noch einmal anzusprechen und ihr ungefragt einfach so Hilfe anzubieten. Deshalb wandte sie sich an uns mit der Bitte, eine Seniorin, mit Bedarf nach Unterstützung vermittelt zu bekommen.
Als sie dann über den Namen und der Adresse der Dame philosophierte und laut nachdachte, überkam mich ein sehr komisches Gefühl … Erstmals in meiner Tätigkeit als Koordinatorin von Weimars Gute Nachbarn hatte ich den Eindruck, dass ich vielleicht getestet wurde! Oder gar von Kameras beobachtet? J Die Ehrenamtliche sprach von genau jener Seniorin, die ich ein paar Stunden zuvor erst besucht hatte. Mühsam nach Beherrschung ringend konnte ich nur erwidern, dass sich eben jene Seniorin tatsächlich an uns gewandt hatte, auf der Suche nach einem Guten Nachbarn. Mehr wollte ich ihr jedoch auf diesem Wege nicht mitteilen und so wandte ich mich auch erst einigen Recherchen zur Person zu und telefonierte danach mit der Seniorin, die sich sehr gut an diese Begegnung erinnern konnte. Sie erzählte mir, dass sie aus diesem kurzen und so herzlichen Gespräch heraus den Entschluss gefasst hatte, etwas zu tun um hier anzukommen. Diese Begegnung war ihr sehr sympathisch und hatte einiges in ihr bewegt. So kam ihr unser Zeitungsartikel sehr gelegen, sich bei uns zu melden…
In beiden Menschen hat sich etwas in nur einem einzigen kurzen Gespräch bewegt – beide hatten daraufhin den Impuls in ihrem Leben etwas zu ändern, dem Lebenssinn eine neue Richtung zu verleihen – es war eine Begegnung mit Folgen ... Und wenn es uns möglich ist, dann erfüllen wir auch Wünsche ;-)
Wir wünschen Euch beiden: liebe Hildegard und liebe Nicole eine wunderbare Zeit unter dem Dach der Bürgerstiftung, bei Weimars Gute Nachbarn.